Bislang wird die Anerkennung von Zusatzversorgungszeiten dann verwehrt, wenn Mitarbeiter des Staatsapparates der DDR dem Zusatzversorgungssystem nicht beigetreten waren oder eine Beitragszahlung zum System nicht nachweisen können. Das Urteil widerlegt die bisherige Rechtsauffassung des Zusatzversorgungsträgers und besagt, dass der Anspruch unabhängig von einem Beitritt zum Versorgungssystem besteht. Die Entscheidung reiht sich damit in die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ein, wonach allein die Beschäftigung im Geltungsbereich des Versorgungssystems ausreichend ist. Neben Einrichtungen des Staatsapparats waren z.B. auch Banken und Sparkassen sowie Zivilangestellte von NVA und Polizei von der Versorgungsordnung umfasst.
Für verschiedene Berufsgruppen waren in der DDR Systeme der zusätzlichen Alterversorgung eingerichtet. Die Ausgestaltung der Versorgungsordnungen war dabei nicht einheitlich. Einige Versorgungssysteme sahen eine obligatorische Einbeziehung allein durch Ausübung einer bestimmten Tätigkeit in einem definierten Wirtschaftsbereich vor (z.B. Ingenieure, Pädagogen). Andere Systeme machten hingegen die Einbeziehung von einer eigenen Beitrittserklärung des Beschäftigten abhängig (z.B. Staatsapparat, gesellschaftliche Organisationen, Parteien).
Die Versorgungssysteme wurden zum 30.06.1990 geschlossen. Die Ansprüche wurden durch das Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) in die gesetzliche Rentenversicherung überführt. Die Feststellungen über die Zugehörigkeit zu Zusatzversorgungssystemen trifft in alleiniger Zuständigkeit die Deutsche Rentenversicherung Bund als Versorgungsträger für die Zusatzversorgungssysteme.
Voraussetzung für die Überführung ist grundsätzlich die tatsächliche Einbeziehung in ein Versorgungssystem der DDR. Mit einer solchen Einbeziehung ist der Anwendungsbereich des AAÜG eröffnet.
Die bisherige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts befasste sich zum großen Teil mit der Überführung der Anwartschaften aus Systemen mit obligatorischer Einbeziehung. Hierfür erfolgt eine Überführung im Sinne einer fiktiven Einbeziehung auch dann, wenn eine tatsächliche Versorgungszusage bis 30.06.1990 nicht erteilt worden ist. Eine solche fiktive Zuordnung für Systeme mit freiwilliger Beitrittsmöglichkeit war bislang nur selten Gegenstand gerichtlicher Entscheidungen der Instanzgerichte.
Nach der genannten Entscheidung, der sich zwischenzeitlich auch das Sozialgericht Stralsund gefolgt ist, soll sich für ehemalige Mitarbeiter des Staatsapparates ein Anspruch auf Überführung ergeben, denen eine Anerkennung bislang wegen fehlendem Beitritt zum Versorgungssystem ganz oder teilweise verwehrt worden ist oder die bislang keinen Anspruch geltend gemacht haben. Dasselbe gilt für diejenigen, die im Bereich anderer Versorgungssysteme (z.B. gesellschaftliche Organisationen, FDGB, Parteien, GST) beschäftigt waren.
Derzeit werden Ansprüche Betroffener durch den Zusatzversorgungsträger ungeachtet der oben genannten Gerichtsentscheidung weiterhin abgelehnt. Mittlerweile liegt auch eine gegenteilige Entscheidung des Sächsischen Landessozialgerichts vor. Inzwischen ist zur Klärung der Rechtsfrage, ob eine Überführung von Zusatzversorgungsanwartschaften auch ohne Beitritt zu einer freiwilligen zusätzlichen Altersversorgung zulässig ist, eine Revision beim Bundessozialgericht anhängig (Aktenzeichen: B 5 RS 1/18 R).
In Anbetracht der beim Bundessozialgericht anhängigen Revision sollten Betroffene die Einleitung einer Überprüfungsverfahrens bzw. eines Antragsverfahren auf Überführung von Zusatzversorgungsanwartschaften in Erwägung ziehen. Unter Berufung auf die Revision kann dann die Zurückstellung bis zu einer abschließenden Entscheidung beantragt werden.
Unabhängig von der Klärung der Rechtsfrage, ob der Anwendungsbereich des AAÜG auch ohne Beitrittserklärung eröffnet ist, ergibt sich aus einer früheren Entscheidung des Bundessozialgerichts für diejenigen, die tatsächlich irgendwann in ein Versorgungssystem einbezogen waren, auch ein Anspruch auf Überführung von Beschäftigungszeiten in anderen Versorgungssystemen.
Vor Antragstellung sollten die individuellen Voraussetzungen und Erfolgsaussichten durch einen unabhängigen Rentenberater geprüft werden. Dies gilt zur Vermeidung von Rechtsnachteilen insbesondere dann, wenn bereits Zusatzversorgungszeiten berücksichtigt worden sind.
Für weitere Fragen steht Ihnen das Büro der Rentenberatung Schilbach gern zur Verfügung.
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